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Was haben ein guter Musiker und ein gutes Gehör gemeinsam?

Geschrieben von Nino Russo | 03.12.18 05:45

Ein guter Musiker bzw. eine gute Musikerin braucht ein gutes Gehör, damit er/sie Melodien, Phrasen, Akkorde, Songformen Dynamik und Rhythmen rasch erfassen und verstehen kann, um diese dadurch in relativ kurzer Zeit spielend leicht nachspielen kann.

Wie entwickle ich also ein gutes Gehör?

Es gibt mehrere Möglichkeiten, aber die meiner Meinung nach drei wichtigsten Schritte auf dem Weg zu einem guten Gehör, sind folgende:

1. Singe alles was du spielst – damit meine ich nicht nur SängerINNEN – sondern wirklich alle!

Eine sehr wichtige und oft unterschätzte Methode, um ein gutes Gehör und dadurch auch ein gutes Gefühl für Musik zu entwickeln, ist alles das zu singen was du spielst bzw. übst. Durch das singen, egal ob es ein Rhythmus oder eine Melodie ist, übst du das bereits mental (mentales Üben), speicherst diese Patterns im Gehirn ab und wirst dadurch alles viel besser und vor allem schneller nachspielen können. Singe jede Melodie, die du z.B. im Radio hörst einfach regelmässig mit. Versuche diese nachher auf deinem Instrument auswendig nachzuspielen. Okay, es mag am Anfang etwas Zeit brauchen, bis es klappt. Aber mit regelmässigem Training, wirst du das mit der Zeit auch locker und spielend machen.
Versuche jeden Ton zuerst mit der Stimme und dann auch auf deinem Instrument genau zu treffen und die Rhythmik zu erfassen. Sobald du das kannst spiele eine Akkordprogression von einem Song auf dem Piano oder auf der Gitarre und singe immer die entsprechende Terze (dur, moll) von dem Akkord aus dazu, so lernst du diese zu hören.

2. Höre genauer hin – und trainiere deine Ohren jetzt auch darauf die einzelnen Instrumente zu hören!

Wenn die meisten Leute Musik hören, erfassen sie nur einen Teil der Musik, denn sie hören meistens nur auf den Text und auf die Melodie des Songs. Die Instrumente die darin vorkommen und die Melodien oder rhythmischen Muster dieser Instrumente sind für viele weit weg und man nimmt sie oft nicht bewusst wahr. Dabei passiert so viel mehr in einem Song als nur „Melodie“. Für uns sind vier Elemente der Musik grundlegend, die zu beachten sind: Melodie, Harmonie, Rhythmus und die Songform. Wenn du Musik hörst, solltest du genau wissen, wie diese Elemente verwendet und kombiniert werden. Wie ist die Melodie aufgebaut? Besteht die Melodie aus langen oder kurzen Tönen, ist sie rhythmisch einfach strukturiert, komplex oder synkopiert? Welche Akkordprogressionen kommen darin vor und wie entwickeln sie sich durch den Song? Was spielt der Bass? Welche Arten von Rhythmen werden von jedem Instrument verwendet und wie stehen sie in verschiedenen Teilen des Songs zueinander?

Wie ist die Form des Songs von Anfang bis Ende aufgebaut und wie viele Teile gibt es?

Je mehr und je besser du einzelne Teile, Instrumentalparts und Stellen nachsingen kannst, desto besser entwickelt sich dein Gehörsinn und dein musikalisches Verständnis wächst rasant. Ausserdem wirst du dir Songs schneller merken können.

3. Gehörbildung – Übungen die alle Musiker regelmässig machen sollten

Das trainieren des musikalischen Gehörs – also Gehörbildung ist für einen Musiker von Anfang an unerlässlich. Es gibt einige Websites und auch Apps u.a., die eine Vielzahl von theoriegeleiteten Lektionen und interaktive Spiele für Gehörbildung anbieten (Better Ears, Syntorial und ganz viele mehr) Sprich das Thema auch mit deinem Musiklehrer an. Teste dich jetzt selber mit den folgenden Themen: Notenintervalle, Akkord-Typen, Rhythmus-Diktat und Melodie-Diktat. Lasse uns diese vier Themen unabhängig voneinander kurz durchleuchten. 

Notenintervalle

• Das Intervall-Gehörtraining hilft dir, die Abstände zwischen den Noten zu hören und zu erkennen. Dies ist besonders hilfreich, wenn du Melodien notieren möchtest also Transkriptionen schreiben willst. Bei einer Jam oder einer Studio-Session, wenn ein Künstler oder ein Produzent eine Melodie spielt oder vorsingt, musst du diese sofort ohne langes Üben spielen können. Beginne zuerst mit Tonleitereigene Intervalle. Wenn du diese beherrscht kannst du mit den nichtdiatonischen Intervallen weiterfahren.

Akkord-Typen

• Beim Akkorde hören beginne zuerst mit der einfachen Art von Akkorden, also Dreiklängen von Dur, Moll, sus 4, verminderter und übermässiger Quinte und deren Umkehrungen. Später auch Vierklänge mit Septakkorden. Den Akkordtyp solltest du beim ersten Mal identifizieren können, aber am Anfang musst du mehrmals hinhören, oder jede Note des Akkords getrennt spielen.

Rhythmus-Diktat

• Für das Rhythmus Diktat ist es hilfreich eigene Übungen aufzunehmen und zu notieren. Nimm ein paar Rhythmen auf – beginne zuerst nur mit einem Takt, später zwei und dann vier und schreibe den Rhythmus auf ein Blatt Papier. Danach erfolgt die Selbstkontrolle. Sobald du das kannst schreibe den Rhythmus vom Bass in einem Song auf. Wie ist es mit anderen Instrumenten?

Melodie-Diktat

• Als letztes empfiehlt es sich, Melodie Diktate zu machen. Schreibe eine Melodie auf, zum Beispiel mit der Pentatonische Skala nimm sie auf und höre sie dir später an. Notiere deine eigene Melodie auf und kontrolliere wie gut du schon geworden bist. Beginne am Anfang nur mit wenigen Tönen deine Transkription zu machen, nachdem sich das Transkribieren verbessert hat, versuche längere Melodien also vier Takten oder mehr zu trainieren.

Viel Spass beim Entwickeln deines musikalischen Gehörs, nicht zu verwechseln mit dem absoluten Gehör.

In diesem Blogbeitrag stelle ich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern möchte hier lediglich einige Tipps aus meiner Praxis mit euch teilen.